Die legasthene Lesung
Meine allererste Lesung liegt erst ein paar Tage zurück. Wie es dazu kam, dass ich am 12. Oktober bei der „Leserei mit Geige“ dabei war und wie es für mich als Legasthenikerin war, eine Lesung zu halten, davon erzähle ich euch in diesem Blogeintrag.
Ihr könnt also den Weg von der Idee eine gemeinsame Lesung zu halten, über ihre Planung, bis hin zur tatsächlichen Durchführung nochmal mit mir zusammen abgehen.
Die Idee
Entstanden ist die Idee einer gemeinsamen Lesung beim vorerst letzten Treffen des Münchner Autorenstammtisches im Mai. Die Auflösung des Stammtisches weckte in einigen Autoren den Wunsch, sich trotzdem weiterhin zu sehen und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.
Als ich gefragt wurde, ob ich bei einer gemeinsamen Lesung mitmachen will, war ich zuerst unsicher.
Konnte ich so etwas überhaupt? Vor einem Publikum vorlesen? Es fehlerfrei unterhalten? Mit meinem selbstgeschriebenen Text? Ich als Legasthenikerin?
Doch ich wusste, wenn ich meine Ziele weiter verfolgen wollte, würde ich früher oder später lernen müssen meine Angst vor dem Vorlesen zu überwinden. Also warum nicht jetzt?
Ich beschloss also, zum ersten Planungstreffen im Mai zu kommen.
Die Planung
In den Wochen bis zum Treffen festigte sich mein Entschluss: Ja, ich würde eine Lesung halten. Legasthenie hin oder her!
Fest entschlossen, dass meine erste Lesung ein Erfolg werden sollte, traf ich mich mit meiner Lesungsgruppe. Durch gute Beziehungen war bereits ein geeigneter Raum im „La Cantina“ organisiert und wir trafen uns direkt dort, um uns die Räumlichkeiten anzusehen. Wir waren alle sehr zufrieden und da der Ort des Geschehens nun feststand, konnten wir uns in die Arbeit stürzen.
Als Datum wurde der 12. Oktober mit der Veranstalterin abgesprochen. Um alles zu organisieren, hatten wir also knapp ein halbes Jahr Zeit.
Ab diesem Zeitpunkt trafen wir uns einmal im Monat, um zu planen. Wir klärten die Rahmenbedingungen, gaben uns einen Namen, sprachen über Ablauf, Pausenzeiten, Eintrittspreise und vieles mehr. Denn es gab unzählige Kleinigkeiten zu bedenken.
Besonders wichtig war natürlich auch die Textauswahl jedes Lesers. Also nutzen wir eines unserer Treffen dazu, uns gegenseitig unsere ausgewählten Texte vorzulesen. Wir gaben uns Rückmeldung über Vortrag und Inhalt und arbeiteten so an einem guten Programm. Über die Auswahl meines Textes erfahrt ihr ein Stück weiter unten mehr.
Schließlich mussten wir uns um den letzten großen Punkt unserer Vorbereitungen kümmern: Die Werbung.
Unser Ziel dabei war ganz klar ein ausverkauftes Haus!
Der Text
Aufgrund meiner Befürchtungen versuchte ich, meinen Text so gut wie möglich vorzubereiten. Das begann damit, dass ich sorgfältig die Stelle aus meinem Roman „Nummer 365 – Die Lichtbringer“ auswählte.
Meine Kriterien dabei waren:
Sie sollte spannend sein und neugierig machen.
Sie sollte die Stimmung des Romans übermitteln.
Sie sollte einen in sich abgeschlossenen Spannungsbogen haben.
Man sollte sie ohne große Vorkenntnisse verstehen.
Als ich eine passende Stelle gefunden hatte, bearbeitete ich den Text so, dass ich ihn gut lesen konnte. Ich machte mir also Zeichen, wann etwas z.B. schneller gelesen oder geflüstert werden musste.
Und dann übte ich. Ich begann zehn Tage vor der Lesung und las den Text jeden Tag mindestens einmal laut vor. Ich markierte mir, wo ich Fehler machte oder undeutlich sprach und versuchte es beim nächsten mal besser zu machen.
Nach zehn Tagen konnte ich den Abschnitt nahezu auswendig und das war auch mein Ziel. Schon in der Schule hatte ich so vorgegeben besser lesen zu können, als es tatsächlich der Fall war. Warum sollte es diesmal also nicht funktionieren?
Die Durchführung
Und dann war es schließlich so weit. Der Morgen des 12. Oktobers war angebrochen.
Und trotz aller Vorbereitung kehrten bei mir die Zweifel vom Anfang zurück. Was, wenn ich mich verlesen würde? Wenn die Buchstaben anfingen sich zu verdrehen und ich kein einziges Wort mehr fehlerfrei herausbringen würde? Wenn die Zuhörer anfingen zu lachen, wie früher meiner Mitschüler?
Trotzdem machte ich mich auf den Weg.
Wir trafen uns bereits mehrere Stunden vor Beginn. Wir bereiteten den Raum vor, platzierten Programme und Visitenkarten und machten einen letzten Stimmtest. Die Zeit verflog und schon trafen die ersten Gäste ein und setzten sich auf ihre reservierten Plätze. Am Schluss war kein einziger Platz mehr frei.
Dann ging es los. Die Musik begann. Die Gäste wurden begrüßt. Der erste Text gelesen. Und schon war ich an der Reihe.
Ich versuchte meinen Vortrag eher als Schauspiel, denn als Vorlesen zu betrachten. Es beruhigte mich. Aus Erfahrung wusste ich, dass ich beim Schauspielern, sobald ich die Bühne betrat, kein Lampenfieber mehr hatte.
Zum Glück ließ mich diese Fähigkeit auch diesmal nicht im Stich.
Kaum hatte ich die ersten Zeilen gelesen, verflog die Angst. Ich wurde ganz ruhig und genoss es, die Zuhörer zu unterhalten.Dann war es auch schon vorbei und unter Applaus verließ ich die Bühne.
Nun kehrte die Nervosität zurück. War es gelungen? Oder hatte ich mich etwa doch lächerlich gemacht?
In der Pause wurde ich erlöst. Ich bekam nicht nur Lob, sondern wurde sogar mehrfach gefragt, wann es mein Buch denn zu kaufen gebe!
Mein Fazit
Die Lesung war für mich ein voller Erfolg. Wir haben es geschafft alle Plätze zu füllen und unseren Gästen hat es gefallen. Besonders die bunte Mischung an Texten und die Musik dazwischen wurde sehr gelobt.
Dass ich meine erste Lesung nicht alleine bestreiten musste, sondern fünf Kollegen an meiner Seite hatte, war für mich richtig gut. So hatte ich bei der Planung Unterstützung und musste auch nicht alleine das Publikum unterhalten. Der Gedanke, dass die Verantwortung nicht nur auf meinen Schultern lastet, war sehr beruhigend.
Jedem, der das erste mal liest, würde ich das empfehlen.
Und am wichtigsten für mich: Ich kann lesen!
Vielleicht nicht so wie andere Autoren und wahrscheinlich mit einer anderen Vorbereitung.
Doch wen interessiert das?
Ich mache das eben auf meine Art.
Auf Legastheniker-Art.
Eure Sabrina