Blogeintrag

#Charakters of september Teil 3

Das Originalbild stammt vom französischen Fotografen Philippe Echaroux und wurde auf der Seite ‚Petapixel‘ veröffentlicht. Link hier

Durch den ersten und zweiten Teil  der Challenge meiner tollen Autorenkollegin Gabi Büttner, kennt ihr Kos aus Nummer 365 -Die Lichtbringer inzwischen schon ziemlich gut. Diesesmal tauchen wir nochmal ein Stück tiefer ein:

Sabrina: So, heute treffen wir uns zum letzten Mal.. Diesmal zum Thema: Vergangenheit und Zukunft.

Kos: Na, dann bringen wir es schnell hinter uns. Das ist wie beim Pflaster abreißen.

Sabrina: Alles klar, dann mal los: Hatten Sie denn eine glückliche Kindheit?

Kos: Ich kann mich nicht beschweren. Meine Mutter hat sich gut um mich gekümmert und mich sehr geliebt.

Ich hatte es auf jeden Fall tausend mal besser, als die Kinder in der Akademie. Nicht nur, dass sie ihren Familien entrissen und in brutalem Training zu Soldaten ausgebildet werden. Viele hatten nicht einmal davor eine schöne Kindheit. Sie sind in Waisenhäusern oder lieblosen Familien aufgewachsen. Was zum Beispiel Strudel durchmachen musste, noch bevor er hierher kam… Dagegen war meine Kindheit das reinste Paradies.

Sabrina: Und beim Thema Liebe? Wie war Ihr erster Kuss?

Kos: Er war mit meiner späteren Frau. Wir haben uns kennengelernt, als ich gerade meine Ausbildung zum Arzt begonnen hatte. Sie war eine junge Soldatin und ich habe mich beim gemeinsamen Training in sie verliebt. Bald darauf sollte sie zum ersten Mal an die Front. Doch ich hatte nicht den Mut den ersten Schritt zu machen, sie allerdings schon. Sie kam zu mir und küsste mich. Einfach so. Ohne große Worte.

Sabrina: Welche schlechte Angewohnheit würden Sie gerne loswerden?

Kos: Nun, ich rede oft vor mich hin. Komme vom Thema ab. Vielleicht sollte ich daran mal arbeiten.

Sabrina: Was war das Gemeinste, das Sie je zu jemandem gesagt haben?

Kos: Viel schlimmer war, was ich NICHT gesagt habe.

Sabrina: Wie meinen Sie das?

Kos: Ist das nicht offensichtlich? All die Jahre habe ich einfach den Mund gehalten. Ich lasse sie Kinder töten, ohne etwas dagegen zu sagen.

Sabrina: Was war das Schrecklichste, das Sie jemals jemandem angetan haben, den Sie lieben?

Kos: Ich weiß nicht ob … Ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe das zu erzählen. Ich bin in letzter Zeit so müde.

Sabrina: Versuchen Sie es.

Kos: Ich habe meinen Sohn sterben lassen. Ich bin Arzt. Aber ich konnte ihn nicht retten. Ich konnte einfach nur zusehen. Nichts tun.

Sabrina: Wofür schämen Sie sich am meisten, wenn Sie an die Vergangenheit denken?

Kos: Ich hätte um meine Frau kämpfen sollen. Sie konnte mich nicht mehr ertragen. Konnte nicht ertragen, dass unser Kind tot war. Und wieder habe ich nichts getan. Ich bin schwach.

Sabrina: Wann haben Sie das letzte Mal geweint und warum?

Kos: Für meine Patienten und die Rekruten versuche ich, stark zu sein. Ich versuche mich zusammenzureißen. Doch wenn ich alleine in meinem Arbeitszimmer bin, bricht die Verzweiflung manchmal über mir zusammen. Einige Tode meiner Schützlinge habe ich wirklich schlecht verkraftet. Dieses sinnlose Sterben.

Oft machen mich auch die Dinge, die die Rekruten sagen unendlich traurig. Sie sind noch Kinder, halten sich aber für Erwachsene. Für Soldaten.

Sie müssen so denken. Sonst sterben sie. Doch es ist so verflucht falsch.

Sabrina: Wenn Sie eine Sache ändern könnten, was wäre das?

Kos: Ich wünschte, die Welt wäre so wie früher. Wie vor dem großen Krieg. Ich wünschte, wir hätten die Chance es nochmal besser zu machen. Den Krieg und die Verbannung der Menschheit in die Kuppeln zu verhindern. Dann wäre das alles nicht passiert. Meine Familie wäre glücklich und ich nicht in diesem Albtraum gefangen.

Sabrina: Wofür setzen Sie sich ein? Welche Ziele haben Sie?

Kos: Ich setze mich für die Kinder an der Akademie ein. Ich bin für sie verantwortlich und möchte sie beschützen.

Leider gelingt mir das nicht. Denn schon wieder tue ich nichts. Ich stütze das System indem ich wegschaue. Mir einrede, dass ich nichts tun kann.

Das will ich ändern. Eines Tages will ich für das einstehen, an das ich glaube. Ich will laut und deutlich meine Meinung sagen und helfen diesen Wahnsinn zu beenden. Selbst dann, wenn das meinen Tod bedeutet.

Sabrina: Eine letzte Frage hätte ich noch als Autorin an Sie: Hassen Sie mich für das, was ich Ihnen antue?

Kos: Manchmal. Doch es ist wichtig, dass solche Geschichten erzählt werden.

Sabrina: Vielen Dank, dass Sie so ehrlich waren.

Kos: Tu mir einen Gefallen und lass unsere Welt am Schluss besser zurück, als du sie vorgefunden hast.

Sabrina: Versprechen kann ich nichts. Aber ich werde sehen, was ich tun kann. Passen Sie gut auf sich auf.

Kos: Pass du gut auf meine Schützlinge auf.

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